„[…] wir sind interessiert
am Lernen von der Geschichte
bei gleichzeitiger Fortentwicklung.
Wir wollen die Geschichte nicht
wiederbeleben, aber diese Brücke
zwischen gestern und heute bauen.“

Kunstgeschichte an der Technischen Universität Wien
Durch die Arbeit an unserer Abteilung wird darüber hinaus das Spektrum erreichbarer Berufsfelder für die Studierenden geweitet. Durch die Möglichkeit, selbst Vorträge zu halten, Veröffentlichungen und Ausstellungen zu begleiten, sowie die Verbindung zu universitären und außeruniversitären Einrichtungen bekommen Studierende die Chance, eigene Erfahrungen in der architektur- und kunsthistorischen Forschung zu sammeln sowie fachspezifische Kompetenzen zu erwerben.
Der Abteilung Kunstgeschichte der TU kommt dabei mit einem inhaltlichen Schwerpunkt auf der Architekturgeschichte und der Verbindung zur Kunstgeschichte eine Schlüsselposition in der Wiener Hochschullandschaft zu: Durch das inzwischen sehr minimierte Angebot architekturhistorisch ausgerichteter Lehrformate an der Universität Wien ist das profunde Studium der Architekturgeschichte vor allem des 19. bis 21. Jahrhunderts in Wien inzwischen nur mehr am Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege der TU Wien möglich.
Gestern
Forschung und Lehre zielten von Anfang an — grundlegend für das Selbstverständnis der »Wiener Schule« für Kunstgeschichte — auf die Verbindung von Theorie und Praxis. Im Zentrum des Unterrichts stand die Architekturgeschichte, die um Ausblicke und Quellenschriften zur Architekturgeschichte sowie ausgewählte Beispiele der Malerei und Plastik ergänz wurde. Während des Historismus bestand die Aufgabe des Fachs zuvorderst in der Bereitstellung einer verbindlichen Mustersammlung von Formen, Motiven, Typen und Strukturen, deren Kenntnisse während dieser Zeit für Architekten unabdingbar waren. Die Analyse der behandelten Gegenstände wurde fruchtbar gemacht, etwa im Hinblick auf den Erhalt von Denkmälern, den Umgang mit künstlerischen Zeugnissen im musealen Kontext oder den Austausch mit zeitgenössischen Architektur- und Kunstschaffenden. Dies führte auch zu einer engen Wechselwirkung zwischen architektur- und kunsthistorischer Forschung und architektonischer Praxis.
Heute
Das Fach erforscht die Wissensbestände von Architektur und Kunst, die Entwicklung des architektonischen und künstlerischen Vokabulars. Es beleuchtet die zunehmende Ausdifferenzierung funktionaler Anforderungen der Bauwerke. Und es untersucht die Vielfalt von Handlungskonventionen, denen alle unterliegen, die Architektur und Kunst konzipieren, beauftragen, nutzen oder rezipieren. Ganz wesentlich ist hierbei das Bewusstsein, dass architektonischer und künstlerischer Entwurf nie ex nihilo entstehen, sondern stets das Ergebnis eines komplexen Geflechts zeitgenössischer und historischer Erfahrungsmuster und Brüche darstellen. Neben der Förderung des ästhetischen Verständnisses wird eine weitere Aufgabe darin gesehen, die historiographischen und hermeneutischen Analysen mit der Kenntnis wissenschaftlicher Methoden – Stilkritik, Strukturanalyse, Ikonographie, Ikonologie, Rezeptionsästhetik, Gender Studies, Cultural Studies etc. – zu verbinden. Fragen dann das weite Spektrum des architektonischen und künstlerischen Denkens von den Anfängen bis zur Gegenwart zielen dabei immer auch auf Antworten, die die Positionen des aktuellen Architektur- und Kunstdiskurses näher bestimmen und begreifbar machen. Die Konfrontation mit der Geschichte schafft ein Verständnis für die historische Verortung der eigenen architektonischen Tätigkeit.
Die Abteilung Kunstgeschichte der TU Wien – seit 2004 gemeinsam mit den Abteilungen Baugeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege in einem Institut zusammengefasst – stellt sich diesem veränderten Aufgabenprofil durch eine internationale und interdisziplinäre Ausrichtung des Faches. Das breite Spektrum an Lehrveranstaltungen, die unter anderem in Kooperation mit anderen Wiener Universitäten abgehalten werden (zuletzt Raumkonzepte in der Malerei der Frührenaissance, Weltausstellungsarchitekturen, Stilfragen der Moderne und wegweisende Einzelpersönlichkeiten der Architekturgeschichte), zielt mit den weiten inhaltlichen Horizonten auf den Dialog zwischen theoretischen und praktischen Fragestellungen. 2012/13 stand im Modul »Architektur- und Kunstgeschichte« die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der in der Akademie der bildenden Künste Wien gezeigten Ausstellung »Theophil Hansen. Architekt und Designer« im Zentrum.
2014/15 galt dem Themenkomplex »Architektur und Kunst/Architektur als Kunst«, der in Kooperation mit Ottmann Architekten München, dem Stadtbauamt München und dem Diözesanbauamt München untersucht wurden. Entsprechend vielseitig zeigen sich auch die Forschungsschwerpunkte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von Fragen zur Architektur, Malerei und Plastik vom Mittelalter bis zur Neuzeit reichen und u. a. den barocken Concetto, aber auch Wohn- und Nutzbauten des 20. und 21. Jahrhunderts mit einbeziehen.
Morgen
Dem Fach kommt eine Schlüsselfunktion bei den Bewertungsfragen der gesamten Baukultur zu — und zwar nicht nur der historischen, sondern zunehmend auch der jüngeren und jüngsten Vergangenheit.
Dies wird gerade dadurch unterstrichen, dass historische Bauten einen zunehmend größeren Stellenwert im architektonischen Aufgabenfeld ausmachen und die Zeitspanne zwischen Fertigstellung und konstatiertem Kultstatus immer kürzer wird.
Das Fach wird forthin verstärkt seine Brückenfunktion bei der Vermittlungsarbeit zwischen Architektenschaft und breiter Öffentlichkeit wahrnehmen müssen, die zunehmend interessierter, sensibler und kritischer auf Um- und Neubauprojekte reagiert.